Nur ein kurzer Besuch...!
Alles fing an einem Buß und Bettag 1994 an. Der Feiertag (da hatten
wir ihn noch) wurde genutzt, um den Oldtimer-Virus zu befriedigen.
Peter Jörgensen und ich besuchten jemanden in Niedersachsen, der
so´n paar alte Trecker haben soll. Wie hatte ich den Mann ausfindig
gemacht? Ganz einfach. Ich war mit meinem 12/20er Glühkopf-Bulldog
zu Besuch in Egestorf / Niedersachsen. Auf der anderen Straßenseite
befindet sich eine Gaststätte. Der Koch kannte diese angenehme Klangkulisse,
denn sein Vater spielte ebenfalls am alten Eisen herum, erzählte
er mir. Wie jetzt instinktiv reagiert wird weiß ein jeder Freund
alter Landmaschinen: wo, wie, was, Adresse, Telefonnummer!
Also, ab ins Königsmoor nach telefonischer Anmeldung. Seine Frau
erzählte uns an der Haustür, das ihr Mann hinten im Schuppen
wäre, wo auch sonst! Dort angekommen, dachte ich „den kennst
du doch“? Na klar, das ist doch Karl-Heinz Parpart, einschlägig
bekannt in der Oldtimerszene. Auch wenn wir vorher nichts miteinander
zu tun gehabt hatten. Karl-Heinz hatte mich in Brokstedt mal mit meinem
kleinen Bulldog gesehen und gefragt, ob ich ihn nicht mal einen Bulldog
restaurieren könnte. Ihn schien meine Maschine zu gefallen.
Peter und ich fühlten uns gleich pudelwohl in seiner schönen
Scheune. Er zeigte uns seine ganze Sammlung an restaurierten und unrestaurierten
Schleppern. Wir zeigten unsere Stolz auf mitgebrachten Bildern. Nun erkannte
er auch meinen Bulldog wieder. Und prompt wollte Karl-Heinz den Bulldog
gegen etwas unrestauriertes mit mir tauschen. „Nein, nein, nie und
nimmer“ sagte ich. Das dumme an der Sache war, das mich der unrestaurierte
38er ganz hinten in der Ecke immer wieder anlächelte. Ich fühlte
mich in der Scheune auf einmal überhaupt nicht mehr wohl. „Ich
könnte mir das ja noch überlegen“, sagte Karl-Heinz und
wir fuhren wieder nach Hause.
Nächtliche Alpträume und unkonzentriertes Verhalten am Arbeitsplatz
waren die Folge. Peter sagte zu mir, das ist meine letzte Chance im Leben
einen 38er Glühkopf-Bulldog im unrestaurierten Zustand zu bekommen.
Nach einer harten Woche war der Entschluss gefasst und ich war schweren
Herzens tauschbereit. Sonst hätte ich wohl nie mehr ruhig schlafen
können.
Karl-Heinz brachte den 38er mit dem Tieflader nach Halstenbek und der
12/20er wurde verladen. Nun ging alles wieder von vorne los, dabei hatte
ich doch einen restaurierten Schlepper, aber nein, der 10 Liter Gedanke
war einfach größer und stärker.
Nach dem das Kondenswasser aus dem Öltank entfernt und genügend
Öl vorgekurbelt wurde, heizte ich den Bulldog vor und startete ihn.
Kleine Probefahrt von 20 Meter bis in die Garage war angesagt, mehr nicht,
denn er wird ja eh komplett zerlegt. Jetzt wurde er gesäubert, denn
Michael Bollweg hatte ein neues „Opfer“ für die Schrauberschulung.
Dort wurde er in der Mitte getrennt um zu gucken wie es im Getriebe aussah.
Ebenso hatte Michael und Arzthelfer Heiko Breunle der Organentnahme bei
der Maschine zugestimmt. Hat der Bulldog eine Überlebenschance? Ja,
aber vieles müsste neu, wegen starkem Verschleiß. Also, Augen
zu (Geldbörse auf) und durch! Michael bot mir an, den Bulldog technisch
bei sich zu restaurieren, da ich zuhause nicht so gute Möglichkeiten
habe. Außerdem hatte ich technische Beratung gleich dabei, was ich
Michael nicht vergessen werde!
Das Getriebe wurde komplett neu gelagert und einen Satz schnelle Zahnräder
gab es auch. Der Zahnkranz vom Differenzial hatte sich gelöst und
wäre mir ohne Getriebekontrolle bald um die Ohren geflogen. Die Steckachsen
bekamen neue Lager und Wellendichtringe. Die Bremsen wurden überholt
und neu belegt. Die Zapfwelle war so verschlissen, das dass Innenleben
schon im Gehäuse schliff. Das große Lenkungsspiel wurde durch
Distanzringe unter dem Schneckenrad verringert. Die Handbremstrommel und
das Lenkungsgestänge im Getriebe wurde noch von den alten Filzringen
befreit und auf Wellendichtringe umgebaut. Irgendwie klingt das alles
so einfach, zack, zack und fertig, wenn ich aber bedenke wie oft ich für
den Bulldog an der Drehbank gestanden habe, bin ich froh das wir uns selber
eine zugelegt haben. Das hat zwar eine menge Zeit aber um so weniger Geld
gekostet.
Man muss dazu erwähnen, das der Bulldog ursprünglich aus den
neuen Bundesländern stammt, d.h. diese Maschine wurde schon x-mal
(fachmännisch) überholt, aber irgendwann ist nicht nur die ewig
ausgewechselte Bronzebuchse erledigt, sondern auch eine Vielzahl an Wellen
und anderen Passungen.
Wie das Getriebe nun technisch okay war und die Lagersitze mit Distanzringen
eingestellt waren, kam der mittlerweile „ausgenommene“ Vorderteil
vom Bulldog an die Reihe. Auch am Motor war viel Arbeit erforderlich,
um später auch Freude am Fahren zu haben.
Erst mal wurden, wie auch am Getriebe, alle Teile gesäubert. Ganz
wichtig ist deshalb bei einem Bulldog, die Kurbelwelle auszubauen, um
eventuelle Verschmutzungen im Schleuderring und Kurbelzapfen zu entfernen.
Darauf hin wurden die Anlaufscheiben zur besseren Abdichtung der Kurbelwelle
leicht übergedreht, weil sie Riefen in der Fläche hatten. Der
Kurbelzapfen wurde geschliffen, die Lagerschalen dem Zapfen angepasst
und das Pleuellager eingestellt. Nun konnte die Kurbelwelle wieder mit
neuen Lagern montiert werden.
Zuvor wurden Motor- und Getriebeteil wieder zusammengebaut. Hey, mit
Rädern könnte man glatt denken, das war mal ein Trecker!
Während eine Firma dem Kolben neue Ringe verpasste und den Zylinder
hohnte, konnte man sich mit Ölleitungen, Gas-, Öler- und Reglergestänge
beschäftigen. Damit Michael keine Langeweile bekommen konnte, durfte
er meinen Regler instandsetzen! Außerdem ist das sein Fachgebiet.
Ich weiß nicht wie oft er mir das Ding mit den 2 Federn erklärt
hat, behalten werde ich es wohl nie. Die Kupplung wurde erst mal wieder
so angebaut, denn man will nächsten Winter ja auch noch was zu tun
haben.
Die neuen Kolbenringe durften dafür gleich wieder zur Dreherei gebracht
werden, da die Firma im Inneren zu viel Material stehen gelassen hatte.
Wie der Fehler behoben war, konnte der Motor wieder zusammen.
Die Aufbauten wurden grob zusammengebaut, damit der Probelauf von statten
gehen konnte, denn Michael bekam arge Platzprobleme. Dort wo mein Bulldog
stand, sollten Regale gebaut werden. Außerdem kommt zum lackieren
eh wieder alles herunter. Nebenbei wurde auch ich langsam ungeduldig und
neugierig wie denn alles so läuft.
In der 1. Kalenderwoche ´96 war es endlich soweit. Nach dem alle
groben Voreinstellungen gemacht waren, war vorheizen angesagt. Der Puls
hatte bei mir wohl schon „höchste Drehzahl“ erreicht.
Hoffentlich springt er an und läuft so wie man es gerne hätte.
Nach schnell behobenen Dieselproblemen war ich trotz wenigen Anwurfversuchen
schnell erledigt, denn der neu geschliffene Zylinder erschwerte das Anwerfen
gewaltig. Also spuckten wir zu zweit in die Hände. Der Bulldog machte
seine ersten Töne, nachfassen und er lief. Nun hatte jeder der zu
Besuch war erst einmal eine Runde gedreht, damit der Bulldog warm wurde,
um noch ein bisschen am Regler zu spielen. Stiftung Warentest: „sehr
gut“ !
Nun transportierte ich den Bulldog nach hause, wo der zweite Teil der
Restaurierung begann. Das waren Arbeiten wie etwa Werkzeugkasten bauen,
Sitz, Zugmaul und Vorderachse ausbuchsen, Kühlerelemente löten
und neu montieren, Halterungen für Scheinwerfer und Kotflügel
bauen, sowie Kotflügel anpassen, usw..
Jetzt kamen die Aufbauten wieder herunter um mit den Vorarbeiten für
das Lackieren zu beginnen. Entfetten, schleifen, grundieren, Füllern,
nass schleifen und lackieren. Für die Vorarbeiten war ich zuständig
und für das lackieren hat Peter die Hand.
Die Endmontage ist eigentlich das schönste am restaurieren. Alle
Aufbauten vorsichtig wieder rauf, Kotflügel montieren, Elektrik verlegen
und zu guter Letzt noch Windschutzscheibe und Dach.
Seit Juli 1997 ist die Maschine zugelassen und war mittlerweile per Achse
aus Schleswig-Holstein auf einigen Treffen in Nah und Fern zu Besuch.
Im letzten Jahr hat mich die Maschine ca. 1500 Kilometer reibungslos durch
die Lande gebracht.